Mitten im Stadtteil Kücknitz findet sich ein den
meisten Lübeckern unbekanntes landschaftliches Kleinod: der Talzug der
unteren Kücknitz! Diesen für die Erholung weiter auszugestalten und
gleichzeitig die Natürlichkeit darin zu fördern, haben sich der Gemeinnützige
Verein Kücknitz e V., der Bereich Stadtwald der Hansestadt Lübeck
und weitere Kücknitzer Vereine, Verbände und Bürger als Ziel gesetzt.
Für die Umsetzung der naturfördernden Vorhaben bietet sich der Topf für
Ausgleichsmaßnahmen, den die Herrentunnel-Gesellschaft für ihre
Eingriffe in die Natur füllen muss, an. So fließt das Geld auch im Sinne
der Herrentunnel-Gesellschaft zu den Bevölkerungskreisen, die unter der
Last der Baumaßnahmen zu leiden haben.
Weitere Sponsoren für die erholungsfördernden Vorhaben werden noch
gesucht.
Nachfolgend einiges Wissenswertes über das Kleinod im Herzen von Kücknitz:
Die Kücknitz und ihr Tal
Hans Rathje Reimers
Oktober 2002
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Kücknitz und seine Umgebung
1886
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Die Kücknitz – heutzutage mehr unter dem umständlicheren Namen Kücknitzer
Mühlenbach bekannt – zerfällt in zwei geologisch unterschiedlich alte
und auch unterschiedlich geprägte Teile. Der älteste, fast nord/südlich
und fast geradlinig verlaufende Mittel- und Unterlauf verdankt seine
Entstehung der bei uns ausklingenden Eiszeit.
In dem sich langsam auflösenden Eis des Gletschers erweiterte sich
eine Längsspalte an ihrem Grunde zu einem weiten Tunnel, durch den sich
in den Sommermonaten ein reißender Schmelzwasserstrom ergoss. Dieser spülte
eine tiefe Rinne in den Untergrund und schüttete seitlich hohe,
langgezogene Sandbänke in dem Eistunnel auf.
Nach dem vollständigen Abschmelzen des Eises blieben diese Strukturen
in der Landschaft erhalten. Die ehemaligen Sandbänke nennt man Os, in der
Mehrzahl Oser, die sie begleitenden Rinnen "Osgräben". Das Wort
"Os" stammt aus dem Schwedischen, wo es diese geologischen
Gebilde öfter gibt; bei uns sind Os-Systeme schon morphlogische
Besonderheiten. Im Deutschen hat man das hier unbekannte Wort mit dem
immerhin doch sehr charakterisierenden "Wallberg" zu übersetzen
versucht. Dieser Wallberg zieht sich entlang der Südwestseite des
Waldhusener Forstes über den Friedhof, durch die Siedlungen Wallberg (!)
und Rangenberg bis zur Seelandstraße. Ein Seitenzweig verläuft nördlich
des Waldhusener Bahnhofs, über den Forstort Langerberg (!) bis zum
Autobahnknoten (im letzten Teilstück allerdings durch Kiesabbau zerstört).
Der Osgraben des letzt beschriebenen Seitenzweiges wird durch die
Friedhofsteiche, die Senken unterhalb des Bahnhofes und durch den Olendiek
bezeichnet. Der Osgraben des Hauptosers wird von dem Mittel- und Unterlauf
der Kücknitz durchflossen.
Der Oberlauf dieses Baches beginnt neben dem heutigen lübschen
Wasserwerk Kleinensee mit dem Auslauf des ehemals vorhandenen
gleichnamigen Sees. Das Wasser ergoss sich in das "Pöppendorfer
Niederungsbecken", das durch den vorgenannten Os zu einem See
aufgestaut wurde. Das Wasser schuf sich an der niedrigsten Stelle des
Osers einen Durchbruch, womit die beiden unterschiedlichen Bachteile zu
einer Einheit verschmolzen.
Der Name des Baches Kücknitz und des heute gleichnamigen Ortes ist
slawischen Ursprungs. Der Ortsname Kücknitz erscheint in frühen Urkunden
des 14. bis 16. Jahrhunderts schon teilweise eingedeutscht als "Kykelitze"
oder in ähnlichen Schreibweisen und besteht aus den beiden slawischen
Wortteilen: "Kyka" und "lici". Letzteres bezeichnet
"das Dorf des ..." und Kyka ist ein slawischer Personenname.
"Kykelitze" ist also das "Dorf des Kyka". Im heutigen
Ortsnamen ist aber das "l" durch ein "n" ersetzt. Die
Erklärung liegt darin, dass in der frühen Neuzeit der Bachname (slawisch
"Kykanica"; "nica" = Wasserlauf, Bach; Kücknitz also
= "Bach des Kyka") auf den an diesem Bach liegenden Ort übertragen
wurde. Die slawische Wasserlaufbezeichnung "nica" =
eingedeutscht "nitz" ist besonders im südlichen Umfeld Lübecks
sehr oft anzutreffen: Stepenitz, Wakenitz, Strecknitz, Stecknitz und
andere.

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Die Kücknitz wurde sehr bald nach der deutschen Besiedlung unseres
Raumes wegen ihres relativ starken Gefälles und Wasserreichtums zum
Antrieb einer Mühle genutzt. Die Kücknitzer Mühle stand bis 1940 in
etwa dort, wo heute die Seelandstraße das Bachtal der Kücknitz kreuzt.
Drei Mühlenteiche bildeten das Wasserreservoir für die trockneren
Sommermonate. Den obersten Mühlenteich finden wir in dem heutigen Straßennamen
"Vorderteichweg" als Zuwegung zu dem Schießstand der
Hubertusgilde wieder. Der mittlere Teich befand sich zwischen der heutigen
Straße "Im Brunskroog " und den Sportanlagen des Kücknitzer
Schulzentrums. Reste des Staudammes sind dort noch in dem engen Bachtal zu
sehen. Der unterste Mühlenteich, aus dem die Mühlräder direkt betrieben
wurden, befand sich oberhalb des jetzigen Seelandstraßendammes.
Schon sehr bald heißt das obere Teil des Tales "Schlünz'scher
Park", nach einem Bauernhof, der direkt am Tal bis in die 1960er
Jahre hinein stand. 1925 veranstaltet der Gemeinnützige Verein Kücknitz e. V.
(GMVK) hier sein erstes Waldfest. Für diese Feste ließ der GMVK 1929
eine Tanzfläche aus Beton für 1.000,– Reichsmark herrichten, die noch
heute im Wald in der Nähe des Rangenberger Gemeinschaftshauses zu finden
ist und jetzt für Veranstaltungen wieder hergerichtet werden soll.
Die ungeklärten Abwässer aus Kücknitz ließen den Bach zu einer
Kloake werden. Daran änderten auch die eingerichteten Kläranlagen
(Schmaler Stieg – 1928, Herrenwyk – 1969) nicht viel. Geruchsbelästigungen
hielten die Spaziergänger fern. Erst das Klärwerk Ochsenkopf schaffte
Abhilfe, so dass sich die Qualität des Bachwassers regenerieren konnte.
Heute steht das gesamte untere Kücknitztal unter Landschaftsschutz.
Die landwirtschaftliche und mühlentechnische Nutzung des unteren Kücknitztales
gehört der Vergangenheit an. Dafür bot es sich wegen seiner
landschaftlichen Reize, seiner relativen Naturnähe und wegen seiner Lage
innerhalb ausgedehnter Wohnbereiche zur Nutzung als Naherholungsgebiet an.
Diesem Anliegen hat sich der Gemeinnützige Verein Kücknitz e. V.
ge,einsam mit dem Bereich Stadtwald der Hansestadt Lübeck als Verwalter
des überwiegenden Teils der dortigen Liegenschaften verschrieben. Es wird
angestrebt, die beidseitigen Abhänge des Tales, wie auch schon teilweise
geschehen, zu bewalden. Dadurch wird der Blickkontakt zu der näheren
Wohnbebauung und zu den ferneren Industrieanlagen verdeckt, so dass sich für
den Spaziergänger im Tal die Illusion einer kulturfernen Naturidylle
ergibt. In der Tal-Aue soll eine offene Wiesenlandschaft erhalten,
beziehungsweise wieder hergestellt werden. Der Bachlauf der Kücknitz
wurde in den 1960er Jahren seiner natürlichen Mäanderschleifen beraubt,
kanalisiert, mit Sohlabstürzen versehen und tiefer ausgegraben. Diese
Vergewaltigungen des Baches müssen rückgängig gemacht werden, wobei
auch die Verrohrung des Mündungsbereiches zwischen der Seelandstraße und
der Trave wieder aufgehoben werden muss. Dann kann die Kücknitz wieder
das werden, was sie ehemals zu Anfang des 20. Jahrhunderts einmal
war: der fischarten- und individuenreichste Bach des Lübecker Gebietes.
Darüber hinaus sollen die Wanderwege in einen besseren Stand versetzt
werden und das Wanderwegenetz nach Kücknitz hin über die Straße
"Im Keil" eine Anbindung bekommen. Sitzgelegenheiten und eine
Rodelbahn sollen das Erholungsangebot im Kücknitztal für Alt und Jung
attraktiver gestalten, und Waldfeste für den gesamten Stadtteil sollen im
Schlünz'schen Park wieder möglich werden.
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